Veröffentlicht am 22 septembre 2024 09:20 von tpolzer
Wer gedacht hat, dass es nach den bislang schwachen Saisonauftritten endlich aufwärts geht, sah sich nach den ersten 45 Minuten an der Alten Försterei eines Besseren belehrt. Die TSG legte einen geradezu skandalösen Auftritt hin, so dass einem die über 1.000 mitgereisten Fans wirklich leid tun konnten: Blutleer, physisch und psychisch nicht auf der Höhe, technisch schwach, keinerlei Aggressivität und Behauptungswille. Das Ganze hatte etwas von Jugendfußball auf Kreisebene, und irgendwann ertappte man sich dabei, dass man schon Mitleid mit diesem Haufen hatte.
Die Defensivarbeit rund um Tim Drexler, Robin Hranac und Alexander Prass war schlichtweg desaströs, keiner von den Dreien erreichte Profiniveau. Drexler war ebenso überfordert (wie bereits in allen Saisonspielen) wie Hranac, das war schon peinlich. Überhaupt: Warum man 8 Mio Euro für einen Spieler wie Hranac auf den Tisch legt, ist schwer nachzuvollziehen. Ist das das Ergebnis des mit immensem Aufwand betriebenen Scoutings? Jeder halbwegs sachkundige Fußballinteressierte sieht sofort, dass dieser Spieler keine Verstärkung für die TSG sein kann. Zu langsam, zu zweikampfschwach, keine natürliche Aggressivität. Aber auch Alexander Prass war ein Totalausfall. Den Klärungsversuch vor dem zweiten Tor verstolperte er unbedrängt direkt vor die Füße seines Gegenspielers, der aus 5 Metern locker einschießen konnte. Hinten war er bei jedem Angriff wackelig, im Aufbauspiel schoss er einfachste Bälle ins Aus.
Im Mittelfeld lief bei Andrej Kramarić nichts zusammen, und nach vorne war auch Mergim Berisha ein Totalausfall: Kein einziger gewonnener Zweikampf.
Man konnte froh sein, dass es nach den frühen Gegentreffern in der 4. und 6.Minute nur 0:2 stand, ein 0:4 für die Berliner wäre durchaus möglich und auch verdient gewesen.
In der Halbzeit blieben Drexler und Hranac folgerichtig in der Kabine, Anton Stach bildete fortan mit Kevin Akpoguma das Abwehrzentrum. Das zeigte auch Wirkung, von Union kam in der gesamten zweiten Halbzeit kein einziger gefährlicher Angriff mehr vors Tor.
Mit Tohumcu, der ein gutes Spiel machte, kam neuer Schwung, und die TSG übernahm nun in der gesamten zweiten Halbzeit die Spielkontrolle. Marius Bülter, der einzige offensive Aktivposten an diesem Tag, erzielte nach schöner Einzelleistung den Anschlusstreffer, und es war noch genügend Zeit für den Ausgleich. Dieser fiel allerdings nicht mehr, obwohl mit Tabakovic, Bruun Larsen und Hlozek noch drei neue Stürmer eingewechselt wurden. Warum Bruun Larsen regelmäßig eingewechselt wird, ist wirklich ein Rätsel. Er ist jetzt schon seit 4 Jahren bei der TSG und hat noch nie (wirklich noch nie) eine auch nur halbwegs überzeugende Leistung abrufen können. Auch gestern nicht, die Einwechslung hätte man sich sparen können.
Unterm Strich bleibt einmal mehr eine Niederlage zu verzeichnen, nunmehr die dritte in Folge.
Man muss sich fragen: Wie kommen solch desolate Defensivleistungen zustande? Vielleicht liegt es auch daran, dass bei der TSG in der Abwehrarbeit viel zu lange zu viel Wert auf Taktik und Spieleröffnung gelegt wurde. Die Hauptaufgabe eines Abwehrspielers besteht aber nun einmal darin, den Gegenspieler zu bekämpfen und diesen am Torerfolg zu hindern. Ganz einfach. Es geht darum, dem Gegenspieler den Schneid abzukaufen, und da muss es auch mal scheppern, daran ist nichts Ehrenrühriges. Bei Abwehrspielern auf Weltklasseniveau wie Sergio Ramos, Paulo Maldini oder Jürgen Kohler war das nicht anders.
Bei der TSG dagegen war das all die Jahre verpönt. Das Ergebnis sieht man nun.
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